les paradis artificiels

Monday, October 30, 2006

el otro lado del alma

Nach Wochen in geschuetzter Umgebung eher rechtsgerichteter Gesinnung seitens meiner Gastfamilie wurde ich gestern hart auf den Boden der Realitaet geholt, als uns nach einem 2taegigen Ausflug der Einlass in die Stadt verwehrt wurde. Die APPO, die "Volksversammlung der Doerfer von Oaxaca", hatten zahlreiche Strassensperren errichtet, die aber den Einmarsch paramilitaerischer Einheiten nicht verhindern konnten. Das ganze Wochenende ueber kam es zu Demonstrationen und gewaltsamen Konfrontationen zwischen der APPO und der Polizei unter dem Kommando des auf linker und intellektueller Seite verhassten Gouverneurs Ulises Ruiz, wobei mindestens fuenf Menschen starben.
Als unser Buschauffeur 60 Kilometer vor Oaxace die Weiterfahrt verweigerte, fanden wir mit Hilfe einiger mexikanischer Studenten einen kleinen Lastwagen, der uns bis kurz vor Oaxaca mitnahm, bis irgendwann kein Weiterkommen mehr moeglich war. Ueberall lagen Steine, Autoreifen, teilweise brennend, auf der Strasse, oder ganze Lastwagenzuege versperrten den Weg. "Están feos," das sind die Boesen, klaerte mich meine Gastfamilie spaeter ueber die Menschen auf, die dort am Strassenrand sassen, uns zusahen, uns winkten, sich bei uns fuer die Umstaende entschuldigten, uns erklaerten, wie wir am schnellsten ein Hotel finden konnten, und mich davor warnten, Fotos zu machen, da besonders Reporter in den letzten Tagen ins Visier der Armee geraten waren. Die meisten sind sehr arm - die Arbeitslosenrate ist hoch in Oaxaca, die Zahl der Emmigranten ebenfalls, die ihr Glueck in den Vereinigten Staaten, auf der anderen Seite des Walles, versuchen. Es seien Drogendealer, Diebe, Kriminelle, versichern mir die Initianten der Gegendemonstration heute, die den Einmarsch der PFP, der Armee, begruessen. Natuerlich. Denn sie haben Arbeit.


http://www.heise.de/tp/r4/artikel/23/23854/1.html

Thursday, October 26, 2006

coming soon

ach ja, wegen den fotos, bald, bald, versprochen...!

Tuesday, October 24, 2006

...zum Mitbeten...

Vater unser in den Agavenblaettern

gereinigt sei Dein trueber Saft

er fuelle einen Bottich voll

im Himmel

wie auch auf Erden.

Unsern taeglichen Magueysaft

gib uns heute

und heile uns unsern Kater

wie wir den unserer Freunde heilen,

und lass uns nicht ins Gefaengnis kommen

sondern bewahre uns vor schlechtem Mezcal

jetzt und in alle Ewigkeit

Amen.

(Magueysaft: saemiger Saft der Agave

Mezcal: destillierter Agavensaft, der raue Bruder des bekannteren Tequila; A.d.R.)

Thursday, October 19, 2006

Mexiko riecht

...heftig, sinnlich, unverschämt und leidenschaftlich, noch nicht wegdeodoriert und vereinheitlicht nach der Norm europäischer Autotännchen, riecht nach Menschen, die einen Grossteil ihrer Zeit unter freiem Himmel verbringen, dort kochen, essen, schwitzen, waschen, lieben, schlafen, ein Parfum kreieren, das es sonst nirgends auf der Welt gibt: Eine Mischung aus gekochtem Mais mit einer scharfgrünen Note von Chilischoten, ein Hauch nur, und dem Geruch von Fichtenharz in Seifenlauge, dem energetischen Duft der Eukalyptusbäume; dem hochkonzentrierten, warmen Geruch von Kleidern, Haut, Gemüse im dichtgedrängten Treiben des Marktes; dem Eiergeruch, dem Ratten- und Rohrgeruch der Kanalisation; dazwischen ölige Frische von Schuhcreme, die Sonntagsnote von Haaröl und Kölnischwasser, und nicht zuletzt dem quittenähnliche Duft überreifer Guaven, den schon Dichter besungen haben.

Mexikos Friedhöfe riechen nach Tod, die Kirchen nach Himmel, die Nächte nach warmem Stein, Jasmin, Orangenblüten; die Märkte riechen nach Leben. Kein Ort, an dem es nach nichts riecht, keine Stelle, die nicht durchdrungen wäre von einem vielfarbigen Atem.

el viento se va...

Ein Vogel sein aber niemals fliegen, von einem Lied träumen aber es niemals singen dürfen...?!

Niemals fliegen, meine Güte, wo’s doch nichts Schöneres gibt als keinen festen Boden unter den Füssen zu haben, und noch fataler, nicht singen dürfen, wo doch ein Lied schläft in allen Dingen, die da träumen fort und fort, also auf, auf! - denn die Welt hebt an zu singen, finde ich das Zauberwort...

Und so heisst es - endlich, dieser Tag wird in die Geschichte eingehen, wird er? zumindest in meine, wir schreiben den 7. Oktober 2006, nach monatelanger nächtlicher (Sklaven-)Arbeit, legendären Festen und einer Abschieds-Odyssee, die wesentlich dazu beigetragen hat, dass sich in die herrschende Vorfreude doch ein Tröpfchen Wehmut zu mischen vermochte, finally...-NICHTS WIE WEG HIER!!- im Reisegepäck: Musik bis zum Umfallen (Jogi, Stöffi, Jecklin sei Dank), Jonglierbälle, 5-Loch-Flöte, Notizbuch (endlich, immer diese Fresszettel, wie soll man da noch Ordnung ins Gedankenwirrwarr bringen), Kamera und 20 Schwarz-Weiss-Filme, hoffe das reicht, Gummitwist, F.Nietzsche: Gedichte, 5 Pack Immodium (Kohletabletten) Moctezuma lässt grüssen...und...das übliche halt, Erwartungen, Träume, FrohMUT, LeichtSINN, lasse besser noch etwas Platz übrig, für die ganzen Souvenirs...Plastik-Totenköpfe, ach ja, Peyote-Kaktus, wär doch was...na dann, hasta la...
Gibt es in Mexiko eigentlich Leuchttürme?