Das Labyrinth der Einsamkeit
UNS ALLEN enthüllt sich, in einem bestimmten Moment, unsere Existenz als etwas Einzigartiges, nicht Übertragbares und Wunderbares. Fast immer findet diese Enthüllung in der Jugend statt. Die Entdeckung seiner selbst äussert sich in einem einsamen Sich-Kennenlernen; Zwischen der Aussenwelt und uns entsteht eine nicht greifbare, transparente Mauer: die unseres Bewusstseins. Kaum wurden wir geboren, kennen wir schon das Gefühl des Allenseins; aber Kinder wie Erwachsene können ihre Einsamkeit vergessen, sie verdrängen durch Spiel und Arbeit. Der Adoleszente hingegen, schwankend zwischen Kindheit und Jugend, verweilt einen Moment staunend vor den sich vor ihm auftuenden Reichtümern der Welt. Der Adoleszente wundert sich darüber, zu sein. Und dem Staunen folgt das Nachdenken: Über den Fluss seines Bewusstseins gebeugt fragt er sich, ob dieses Gesicht, das sich spiegelnd, noch verzerrt durch das Wasser, langsam Gestalt annimmt, wirklich das seine ist. Die Einzigartigkeit des Seins - noch pure Empfindung im Kind - wird zu Problem und Frage, zu interrogativem Bewusstsein.
aus: Octavio Paz, El laberinto de la soledad